In der Abstimmung vom 19. Mai 2019 haben die Schweizerinnen und Schweizer das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung – STAF angenommen. Das besagte Bundesgesetz zeitigt weitreichende Folgen, indem die Besteuerung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen beim Bund und in den Kantonen umfassend neu geregelt wird. Eine dieser Neuregelungen betrifft die Dividendenbesteuerung, welche nachstehend dargestellt wird.
Ausgangslage
Die Steuerreform und AHV-Finanzierung – nachfolgend STAF – verfolgt als primäres Ziel die Abschaffung der bei der OECD verpönten Holding- und Domizilgesellschaften. Dieses Ziel wurde mit Annahme der STAF in der eingangs erwähnten Abstimmung erreicht. Ab 2020 entfallen bei allen Kantonen die steuerlichen Privilegien für Holding- und Domizilgesellschaften. Der Bund kannte für diese Gesellschaften auch bislang keine steuerlichen Privilegien.
Um dieses Ziel zu erreichen, musste die STAF gewisse Ausgleichsmassnahmen erfassen, da ansonsten die Gefahr bestand, einerseits die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger und anderseits jene der Unternehmen zu verlieren. Eine dieser Ausgleichsmassnahmen ist die Neuregelung der Dividendenbesteuerung.
Neuregelung der Besteuerung von Dividenden von Klein- und Mittelunternehmen mit Beispielen
Beteiligte an Klein- und Mittelunternehmen, die über einen Anteil – Aktien, Stammanteile oder Genossenschaftsanteile – von mindestens 10 % verfügten, konnten bei Dividendenausschüttungen eine Reduktion geltend machen, wobei zwei Systeme vorherrschten:
- Teileinkünfteverfahren – namentlich beim Bund und einer Anzahl Kantone
Beim Teileinkünfteverfahren ist nur ein Teil der Dividende zu versteuern. Beispiel: A besitzt 10 % Aktien eines KMU. A erhält in 2019 eine Dividende von Fr. 10’000.
Dividende für A Fr. 10’000
Deklaration in der Steuererklärung 2019 für die Bundessteuer Fr. 6’000
Vorteil für A: Anteil Dividende, die von A nicht zu versteuern ist Fr. 4’000
- Teilsatzverfahren – bei einer Grosszahl von Kantonen
Beim Teilsatzverfahren ist die ganze Dividende zu versteuern, wird aber nur zu einem Teil des Gesamtsteuersatzes erfasst. Gleiches Beispiel wie oben.
Dividende für A Fr. 10’000
Deklaration in der Steuererklärung 2019 für die Kantonssteuer Fr. 10’000
Gesamtsteuersatz (Annahme) 20 %
Vorteil für A: Teilsteuersatz – bspw. Kanton Zürich – für Dividende 10 %
Mit der STAF haben sowohl der Bund und die Kantone die Gelegenheit ergriffen, in Wechselseitigkeit zu sämtlichen Massnahmen der STAF, die Dividendenbesteuerung einesteils «nur» zu aktualisieren und andernteils neu zu regeln.
- Der Bund bspw. erhöht die Besteuerung der Dividenden um 16 2/3 %, indem er die Teileinkünftequote für Dividenden von 60 % auf 70 % anhebt.
- Der Kanton Zürich bspw. wechselt vom Teilsatzverfahren von 50 % auf das Teileinkünfteverfahren von 50 % per 2020 und ab 2023 auf 60 %. Damit bleibt der Kanton Zürich vorerst in etwa bei einer gleich hohen Besteuerung der Dividenden, ändert jedoch sein Besteuerungsverfahren.
- Der Kanton Aargau wiederum wechselt vom Teilsatzverfahren von 40 % auf das Teileinkünfteverfahren von 50 %. Aufgrund dessen dass beim Teileinkünfteverfahren, anders als beim Teilsatzverfahren, die Progression gebrochen wird, bleibt im Kanton Aargau die Besteuerung von Dividenden in etwa gleich hoch.
Da die Besteuerungsregelung für Dividenden Sache der Kantone ist, muss jeder Kanton individuell betrachtet werden.
Besteuerung von Dividenden von kotierten Unternehmen mit Beispiel
Anders als Dividenden bei mindestens 10 % Anteilsquote an Klein- und Mittelunternehmen werden Dividenden von kotierten Unternehmen, an denen Ottonormalbürger/in kaum 10 % Anteilsquote besitzt, immer voll besteuert beim Bund und in allen Kantonen. S. dazu das gleiche Beispiel wie oben.
Dividende für A Fr. 10’000
Deklaration in der Steuererklärung für Bund und Kanton Fr. 10’000
Kein Vorteil für A, da Besteuerung Dividende im Umfang von Fr. 10’000
Fazit
Die Neuregelung der Besteuerung der Dividenden bei mindestens 10 % Anteilsquote an Klein- und Mittelunternehmen ab 2020 zeigt tendenziell nach oben. Da die Kantone in der Besteuerungsregelung autonom sind, müssen Dividendenstrategien immer individuell geprüft werden.
Bei der Besteuerung von Dividenden von kotierten Unternehmen bleibt alles beim Alten.
Giorgio Meier-Mazzucato
Mitglied der Geschäftsleitung bei ITERA